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Budapester Derby Ferencvaros - Újpest  1-0
1.4.2011, Budapest,  
Albert-Flórián-Stadion 15.000 Zuschauer




















































Budapester Derby Ferencvaros - Újpest  1-0
1.4.2011
Wenn die Grün-Weißen von Ferencvaros auf den violett-weißen Erzrivalen Újpest treffen, ist in Ungarns Hauptstadt für zu mindest 90 Minuten in 2 Lager geteilt. Wie man auf den ersten Blick sehen kann, gibt es eine gewisse Parallele zu den Wiener Großklubs Austria und Rapid:
Ferencvaros wurde wie Rapid (Anm. eigentlich 1898 als 1. Wiener Arbeiter Fußballklub) 1899 gegründet, spielt ebenfalls in Grün-Weiß und ist darüber hinaus auch Rekordmeister (28 Meistertitel. in Ungarn). Nach dem letzten Meistertitel 2004 musste Fradi (Rufname) 2006 aufgrund finanzieller Probleme erstmalig den traurigen Gang in die zweite Liga antreten. Ein Jahr später gelang jedoch der sofortige Wiederaufstieg. Der Verein wurde 2008 vom gleichen Besitzer wie Sheffield United aufgekauft. Ferencvaros spielt im Albert-Flórián-Stadion - einem Allseater Stadion – das rund 18.000 Leuten Platz bietet.
Újpest Football Club wurde bereits 1885 gegründet und ist damit der älteste Fußballklub Ungarns. Die Vereinsfarben des 20-fachen Ungarischen Meisters (zuletzt 1998) sind violett-weiß. Die Heimstätte das Szusza Ferenc Stadion wurde 2001 komplett renoviert und fasst 13.500 Zuseher.
So viel zum Kurzporträt der beiden Erzrivalen, kommen wir zurück zum großen Derby. Obwohl den beiden Großklubs in der Liga in den letzten Jahren etwas der Rang abgelaufen wurde, ist das Duell der beiden wohl immer noch das prestigeträchtigste was das Land im Fußball zu bieten hat. Schon wenn man beim Albert Stadion ankommt, merkt man, ob der großen Polizeipräsenz, dass sich die Vereine wohl kaum leiden können. Rund um das Stadion ist ein Sicherheitskorridor aufgebaut, Parkplätze sucht man vergebens. Oft wird man erst auf der Seite jenseits der Bahngleise fündig und muss den einzigen Weg zurück nehmen - entlang des Banketts der Stadtautobahn.
Die nächste Barriere die man als Besucher überwinden muss, ist der Erwerb einer ID-Card, welcher normalerweise nur bis 4 Stunden vor dem Spiel möglich ist – Aber nach langem Bitten und Betteln wird für superwichtige Österreicher auch mal eine Ausnahme gemacht und zu einem späteren Zeitpunkt ein kleines Papierzetterl ausgestellt, das zum Eintritt in das zwar gut besuchte, aber nicht ganz ausverkaufte Stadion berechtigt.
Im Stadion angekommen, verspürt man sofort die angeheizte Stimmung. Die Atmosphäre ist etwas gehässiger, als man es in Österreich gewohnt ist, so werden die Gegner von beiden Fangruppen über die ganze Spielzeit immer wieder als Zigeuner (Anm. sehr unbeliebte Volksgruppe in Ungarn) denunziert und da so ziemliche alle Vereine eher politisch rechts einzuordnen sind, kommt es auch immer wieder mal vor, dass man „Sieg Heil“ Rufe mit entsprechender Gestik hören und sehen kann.
Wie international üblich bereiten beide Vereine zum Stadtduell sehenswerte Choreographien vor, womit wir auch schon zum letzten Derby kommen:
Am 1. April 2011 war es wieder so weit: Das große Budapester Derby zwischen Ferencvaros und Újpest stand auf dem Programm. Nachdem die Derbys in den letzten 8 Jahren relativ einseitig verliefen (da Újpest über diesen Zeitraum ungeschlagen blieb), sollte sich dieses

Mal das Blatt wieder wenden und Ferencvaros nach dieser langen Durststrecke endlich wieder einmal ein Derby gewinnen. Aber erst mal das Ganze im Detail:
Beide Fangruppierungen hatten sehenswerte Choreographien vorbereitet. Die Fans von Ferencvaros färbten ihre Kurve mit einer Zettelchoreographie ganz in Grün. Lediglich das Gründungsjahr (1899) ragte in Weiß hervor, die Choreo stand unter dem Motto „Tempo Fradi“, also übersetzt in etwa so viel wie „Gebt’s Gas Burschen“.
Die Újpest Supporter wiederum, verteilten in ihrem Sektor violette und weiße Luftballons. Die Luftballonchoreo stand unter dem Motto "Akárhová veled megyünk, mindig s mindenhol ott leszünk“ was übersetzt in etwa so viel heißt wie „Wir stehen hinter Euch - immer und überall“.
Irgendwie schien es so, als ob die Spieler diese Mottos erst im Laufe des Spiels registriert hätten, denn in der ersten Spielhälfte war sehr wenig von den Kampfansagen von Fradi zu sehen. Sie waren zwar bemüht das Spiel zu machen, agierten aber viel zu statisch. Újpest dagegen war von Anpfiff weg aggressiv und kam zu einer Reihe von Topchancen, lediglich gelang es ihnen nicht, denn Ball im Netz zu versenken. Und wie es so oft der Fall ist, während Violett-Weiß das Spiel macht und den Gegner hinten einschnürt, schießt Grün-Weiß aus dem Nichts ein Tor und bringt sich damit auf die Siegerstraße. Das Goldtor gelang einem alten Bekannten aus der österreichischen Bundesliga, nämlich Marek Heinz, der mittlerweile seine Schussstiefel für Ferencvaros schnürt und damit sein Team zur Pause etwas unverdient mit 1:0 in Front brachte.
In der zweiten Halbzeit dann ein komplett andere Bild: Der Tabellenzehnte Újpest zeigte sich sichtlich geschockt von dem Gegentreffer und konnte nicht mehr an die Leistungen der ersten Spielhälfte anschließen. Der Tabellenzweite Ferencvaros hingegen, spielte mit dem 1:0 im Rücken befreiter auf, konnte jedoch zu wenig Großchancen herausspielen, um das 2:0 zu erzwingen und so plätscherten die 45. Minuten - einer sonst relativ ansprechenden Partie - etwas dahin und das Spiel endete mit einem knappen Sieg der Grünen.
Noch ein paar ergänzende Worte zur Stimmung bzw. zum Stadion. Die Stimmung war an sich gut, aber litt etwas unter der Akustik des unüberdachten Stadions. Der Fansektor von Ferencvaros war bis auf den letzten Platz gefüllt, der Support von der ersten bis zur 90. Minute durchgehend. Auch die Fanfreundschaft zu Rapid (Anm.: Tornados ´96) wurde mit diversen Fahnen offen zur Schau gestellt. Der Support der etwa 1.300 Újpest Fans war gut, litt aber mit Fortdauer des Spiels etwas unter dem Rückstand.
Das etwas baufällige Stadion selber versprüht einen gewissen Ostblocktouch, wobei man ihm dennoch einen gewissen Flair nicht absprechen kann, da die Ränge - wie bei den meisten Oststadien sonst üblich – nicht durch eine Laufbahn vom Feld getrennt sind und man deshalb nahe am Geschehen dabei ist.